20.04.2022
Alexander von Gliszczynski

Kein Raum für Fake News: Die Verantwortung der PR im Zeitalter der alternativen Fakten

Nicht erst seit dem Verbot des russischen Auslandssenders RT Deutschland zu Beginn des Jahres, suchen Politiker, der Rechtsstaat und Kommunikationsexperten nach dem richtigen Umgang mit alternativen Fakten. Als wunder Punkt in der öffentlichen Kommunikation erschüttern inflationäre Fehlinformationen die Glaubwürdigkeit und damit die Vetrauensgrundlage für Medien, Institutionen und Unternehmen insgesamt. Welchen Beitrag kann die PR-Arbeit leisten, um den entgegenzuwirken?

Ressentiments, parallele Öffentlichkeiten, Fehlinformationen – Politiker wie der 45. Präsident der USA, Populisten, aber auch eine beträchtliche Zahl ganz normaler Bürger glauben alternativen Fakten oder sie tun zumindest so. Für den gesellschaftlichen Diskurs eine echte Herausforderung, mit der nicht nur Medienschaffende, Journalisten und Politiker, sondern auch die PR-Welt umgehen können muss. Doch was können PR-Experten heute gegen Fake News und Sensationalismus tun?

Alles begann mit einer Lüge:  Die Geburt des Unworts des Jahres 2017

Über fünf Jahre ist es her, als die Wortschöpfung der alternativen Fakten in einem Interview von Donald Trumps damaliger Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway, zum ersten Mal Eingang in den öffentlichen Diskurs fand. Noch nie zuvor seien so viele Menschen zu einer Vereidigung eines US-Präsidenten gekommen, hatte der Pressesprecher im weißen Haus Sean Spicer zuvor behauptet. Angesichts frei verfügbarer Fotoaufnahmen von den ersten Präsidentschaftstagen von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama eine schnell entlarvte Falschbehauptung. Doch für Conway handelte es sich bei nur um „alternative Fakten“. Schon nach seinem Wortsinn ein Widerspruch in sich, gibt es doch zu Fakten keine Alternative. Allenfalls unterschiedliche Interpretationen, Meinungen, Ansichten. Trotzdem heiligt der Zweck, seine eigenen politischen oder wirtschaftlichen Interessen durchsetzen zu wollen, nicht jedwedes Mittel. Erst recht nicht, wenn damit ein „Angriff auf den gesellschaftlichen Diskurs“ einhergeht, wie eine Jury aus Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten bereits im Jahr 2017 bei der Wahl zum Unwort des Jahres, das neue Phänomen mit drastischen Worten beschrieb.

Wahrheit zahlt sich aus: Warum es gerade jetzt auf ehrliche und transparente PR ankommt

Doch alle Verurteilungen und Warnungen haben die Verbreitung und Instrumentalisierung der alternativen Fakten bisher nicht aufhalten können. Dem Digital News Report 2021 des Reuters Institute zufolge haben sogar 46% der befragten deutschen Internetnutzer innerhalb nur einer Woche falsche oder irreführende Informationen zum Corona-Virus gesehen. Gerade soziale Medien und Messengerdienste spielen für die Verbreitung von Fehlinformationen eine zentrale Rolle, so die Studienautoren. Umso wichtiger ist es, dass öffentliche Akteure wie Politiker, Medienschaffende und auch die Verantwortlichen in Unternehmen ehrlich und mit Augenmaß kommunizieren, indem sie sich auf harte Fakten stützen. Denn auch wenn die Wahrheit manchmal unangenehm sein mag, zahlt sich sich Ehrlichkeit und Seriosität langfristig für den Unternehmenserfolg aus. Nur über Vertrauen gewinnt man die Loyalität der Kunden. In einer Zeit, in der man sekundenschnell Fakten überprüfen kann, haben Lügen oder alternative Fakten keine gute Reputation. Für Kommunikationsexperten gilt es den eigenen Arbeitsethos und die Balance zwischen den äußeren Einflüssen wie finanziellem Druck, berechtigten Kundenwünschen und einer transparenten Informationstätigkeit hochzuhalten. Umso mehr in Zeiten enormen technischen Fortschritts, in dem Geschäftsmodelle und Innovationen komplexer werden und eine glaubwürdige Vermittlung an die Öffentlichkeit durch PR-Profis immer wichtiger machen. Nur so können Vorbehalte überwunden und kann Vertrauen nachhaltig aufgebaut werden.

Professioneller Stil auf solider Faktenbasis: Die neue Verantwortung der PR-Branche

Das heißt aber nicht, dass professionelles Content Management auf die Darstellung von Daten und Fakten festgenagelt bleibt. Auch ein PRler darf und muss im Sinne seiner Kunden argumentieren, interpretieren und Interessen des Klienten auch mal überspitzt formulieren. Die Grenze liegt dort, wo kommunikative Stilmittel ihr evidenzbasiertes Fundament verlassen. Dort, wo mit der Hoffnung auf den eigenen Vorteil Informationen bewusst falsch dargestellt werden. Denn dann droht die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Kommunikation zu erodieren. Geht einmal das Vertrauen bei Kunden, Partnern und Stakeholdern verloren, ist es nur schwer wieder zurückzugewinnen. Durch die neu gewachsene Präsenz der alternativen Fakten trifft die PR mehr Verantwortung denn je, den Mehrwert von Produkten, Dienstleitungen und unternehmerischer Tätigkeit faktenbasiert zu vermitteln und so einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken.